Daten in der Politik

und warum wir uns mit ihnen beschäftigen sollten

Daten und Datenanalyse sind nicht nur in der Wirtschaft gefragt, sondern auch zunehmend in der Politik.

Ob beim Treffen von Entscheidungen, der Schaffung von Gesetzen und Verordnungen (Policymaking) oder aber bei der Frage, wie Wähler*innen für die eigene Partei gewonnen werden können (Political Marketing) – Daten und Datenanalysen sind der Kern jeder professionellen Politik. Neben etablierten Methodiken wie der Umfrageforschung sind mittlerweile auch Methoden zur Analyse von Big Data in verschiedenen Teilbereichen der Politik das Mittel der Wahl. 

Dieser Blogpost soll deshalb einen Überblick über die Applikationen von Data Science in der Politik geben.

 

Data Science im Wahlkampf

Die wohl öffentlichkeitswirksamsten Beispiele, die die Bedeutung von Big Data in der Politik unterstreichen, sind der Cambridge Analytica Skandal und der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf 2016. In diesem Wahlkampf verwendete das Team um Donald Trump zum Beispiel auf spezielle Wähler*innengruppen zugeschnittene Werbung (Microtargeting) via Social Media, um an die Wähler*innenstimmen zu kommen. Das Wahlkampfteam von Trump arbeitete dabei auf der Grundlage von Daten des Republican National Committee und des bereits genannten Unternehmens Cambridge Analytica, welche Daten von mehr als 220 Millionen Amerikaner*innen zur Verfügung stellten.
Mit dieser Datenbasis wurde dann versucht, potenzielle Wähler*innen von Trump zu überzeugen, und bestimmte Gruppen von Wähler*innen, welche aufgrund ihrer demographischen Eigenschaften damals mit hoher Wahrscheinlichkeit Hillary Clinton gewählt hätten, von einer Teilnahme an der Wahl abzubringen.


Aber wie konnte diese Vorgehensweise überhaupt so gut funktionieren? Facebook spielte eine zentrale Rolle beim Zuschneiden und Ausspielen der Wahlwerbung. So stellt der Konzern umfangreiche Tools zur Verfügung, welche es ermöglichen, mit Kampagnen bestimmte Wähler*innen mit speziellen Eigenschaften zu erreichen. Zudem ließ sich der Erfolg von verschiedenen Versionen derselben Werbeschaltung bei einer bestimmten demographischen Zielgruppen mithilfe von A/B Tests untersuchen. (vgl. Benkler et al. 2018: 270,271).

Spannend ist jedoch, dass obwohl es erst beim Wahlkampf 2016 zu einem Skandal kam, Microtargeting-Ansätze an sich nichts neues sind. Diese wurden schon seit 2004 in amerikanischen Wahlkämpfen mit zunehmender Bedeutung verwendet (vgl. ebd.: 272). 

 

Es gibt breite Anwendungsfelder

Denn wie eingangs beschrieben, spielt Data Science nicht nur bei Wahlkämpfen eine wichtige Rolle. So kann Data Science ebenfalls eine relevante Stütze für politische Entscheidungen sein – zum Beispiel in Kambodscha. Hier stellen nicht explodierte Sprengkörper aus dem Vietnamkrieg immer noch eine Gefahr für das Leben der ansässigen Bevölkerung dar. Folglich versucht man, diese Sprengkörper zu entfernen. Lin, Qin, Edgerton & Kong konnten mithilfe von Satellitenaufnahmen und Machine Learning die Identifikation von Bombenkratern in Kambodscha und damit auch die Identifikation von Risikogebieten für nicht explodierte Bomben verbessern. Dies bietet die Möglichkeit, die Effizienz der Entschärfung-Teams zu steigern und in weiterer Folge Menschenleben zu retten (vgl. Lin et al. 2020: 1,2,19).

Aber auch z.B.: Daten von Überwachungskameras, Standortdaten oder Daten von IoT-Geräten können für Policy Entscheidungen analysiert werden (vgl. Aragona & De Rose 2019: 108). Standortdaten über das Mobilfunknetz wurden zum Beispiel während der Covid-19 Pandemie verwendet, um zu erkennen, ob Personen ihre Mobilität an bestehende Maßnahmen wie z.B. einen Lockdown anpassen oder nicht – eine wichtige Information, um die Policies zur Einschränkung der Pandemie zu evaluieren (vgl. ORF 2021). 

Weiter konnte Glaeser et al. zeigen, dass Bilder von Google Street View verwendet werden können, um das Einkommen in bestimmten Stadtteilen zu bestimmen. Diese Information kann wiederum dazu verwendet werden, Ressourcen entsprechend umzuverteilen (vgl. Glaeser et al. 2018: 123,124,125).

Natürlich schaffen diese Entwicklungen auch demokratiepolitische Herausforderungen und werfen einige Fragen auf: Wer hat Zugang zu welchen Daten? Was sind die Auswirkungen derartiger Methoden auf demokratische Entscheidungsprozesse? Welche Stakeholder profitieren von solchen Entwicklungen und welche werden von ihnen benachteiligt?
Fragen, die uns sicher noch länger beschäftigen werden und auf die wir aufgrund ihrer weitreichenden Bedeutungen nicht vergessen sollten!

 

Quellenverzeichnis: 

  • Aragona B. & De Rosa R. (2019). Big data in policy making. Mathematical Population Studies, 26(2), 107–113. https://doi.org/10.1080/08898480.2017.1418113

  • Benkler Y.; Faris R. & Roberts H. (2018) Network Propaganda: Manipulation, Disinformation, and Radicalization in American Politics. Oxford University Press. https://doi.org/10.1093/oso/9780190923624.001.0001

  • Glaeser L. E.; Kominers D. S.; Luca M. & Naik, N. (2018). Big Data and big Cities: the promises and limitations of improved measures of urban life. Economic Inquiry, 56(1), 114–137. https://doi.org/10.1111/ecin.12364

  • Lin, Q. R.; Edgerton J. & Kong D. (2020). Crater detection from commercial satellite imagery to estimate unexploded ordnance in Cambodian agricultural land. PloS One, 15(3), e0229826.

  • ORF (2021) Mobilität im Lockdown kaum reduziert, orf.at, available: https://orf.at/stories/3198794/ [last visited: 21.01.2022]

Felix Krejca, BA

studiert Data Science and Business Analytics an der Fachhochschule St. Pölten, er studiert im Master Politikwissenschaft an der Universität Wien und arbeitet als Studienassistent am Institut für Staatswissenschaft an der Universität Wien

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